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Herbstausblick 2025

Neuer Jahrgang, alte Herausforderungen?

Zwei Drittel der Vegetation sind nun schon vorüber, es geht mit großen Schritten Richtung Weinlese. Wird es wieder einen Turbo-Herbst wie 2019? Kommen große Regenmengen im August wie 2023? Wir wissen es nicht – müssen aber jetzt die Weichen stellen um exzellente, marktgerechte Weine zu produzieren.

von Stefan Kraus erschienen am 15.07.2025
Vor dem Keltern kommt das Putzen: Alle Jahre wieder stimmen sich Winzerinnen und Winzer mit diesem Ritual auf die nahende Lese ein. © DWI
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Weil Wetterfrösche keine Hellseher sind, müssen Landwirte Jahr für Jahr spekulieren: Der Ausgang der Lese ist ungewiss – dennoch lässt sich vieles schon jetzt mit Weitsicht planen, damit es im Herbst möglichst wenig unliebsame Überraschungen gibt.

Frucht, Frucht, Frucht – Thiole „erfreuen das Aromaherz“ Durch die Kaltsedimentation, oder auch Stabulation genannt, können mehr Thiol-Vorstufen aus dem Traubenmost gelöst werden. Die daraus resultierenden Weine, zeigen dann exotische Aromen nach Grapefruit, Passionsfrucht, Ananas oder Mango. Die Stabulation verleiht den Weinen deutlich mehr Frucht, was bei Rebsorten wie Müller-Thurgau, Silvaner oder Weißburgunder (vor allem im Basissegment) ein gutes Stilmittel sein kann. Vorsicht gilt bei Sorten, die von Haus aus einen hohen Anteil an Thiolen besitzen, wie z.B. Sauvignon blanc, Scheurebe oder Bacchus. Hier sollte die Kaltsedimentation nicht zu exzessiv betrieben werden, da die ohnehin sehr intensiven exotischen Aromen auch ins Negative umschlagen können.
Kaltsedimentation (Stabulation)

gesundes Material durchgängig kühle, reduktive Bedingungen bereits ab der Lese Entrappen/Maischen 50mg/l SO2 und 5g/hl Ascorbinsäure Standzeit für 24 Stunden bei max. 12°C (je niedriger, desto besser) Abpressen 50g/hl DAP (Diammoniumphosphat) und max. Menge Thiamin gekühlten Most (~ 8°C) täglich dreimal aufrühren, um Trub in Schwebe zu halten (3 bis 5 Tage) danach Klärenzym und Sedimentation gezügelte Vergärung mit Thiolhefen früher Abstich mit SO2 und 15g/hl Ascorbinsäure spundvoll, reduktiver Ausbau

Pyrazinausprägung – soll es grüne Paprika sein? Gerade Sauvignon blanc und die Piwi-Sorte Cabernet blanc können durch ihre hohe Pyrazinkonzentration Weine hervorbringen, die eine deutlich grüne, an Paprika erinnernde Aromatik zeigen. Auch hier ist im Vorfeld zu prüfen, welche weiteren Rebsorten, Weinqualitäten und in welche Mengen diese grüne Aromatik zeigen sollen („Neuseelandstilistik“), denn diese lässt sich im Weinstadium nicht mehr ändern. Je nach Zielsetzung, müssen hier vor allem im Weinberg die Maßnahmen angepasst werden (Beschatten oder Freistellen der Trauben, das Verhältnis von Menge zu Güte). Der richtige Lesezeitpunkt ist zudem entscheidend: Je länger die Trauben am Stock hängen können, desto reifer und „gelber“ zeigt sich die Aromatik später im Wein. Alkoholfreier Wein Immer mehr Weingüter erweitern ihr Portfolio um einen oder mehrere alkoholfreie Varianten. Neben dem Traubensaft-Secco finden sich immer mehr entalkoholisierte Weine oder Perlweine auf den Preislisten. An den Grundwein werden hier spezielle Anforderungen gestellt: • Aromatische Rebsorten mit moderater Säure (Muskateller, Muscaris, Bacchus, Traminer, etc.) • ausschließlich gesundes Lesegut • zwischen 80 und 90 Grad Oechsle – ausreichend Aromareife ist nötig • eine Anreicherung ist nicht zulässig • Enzymierung der Maische mit Pektinasen • Abhängig von pH-Wert und Temperatur 0 bis 50 mg/l SO2• Maischestandzeiten von 4 bis 12 Stunden • Verwendung der Pressfraktion = viele Aromastoffvorläufer • kühle Vergärung mit einem Hefestamm der viel Ester oder Thiole freisetzt • gute Nährstoffversorgung, um Bildung von Böcksern zu vermeiden • zeitnaher Abstich, spundvolle Gebinde, stabile 30 mg/l freie SO2• Ascorbinsäurezugabe 250 mg/l • Filtration

Eine kühle Lagerung des Grundweines verlangsamt die enzymatische Freisetzung von Aromastoffen, jedoch sollte die Entalkoholisierung so früh wie möglich nach der Gärung erfolgen. Nehmen Sie rechtzeitig Kontakt mit dem Betrieb auf, der die Entalkoholisierung/Abfüllung durchführt. Erfolgt die Entalkoholisierung und Abfüllung nicht im gleichen Betrieb, sollten nur wenige Tage zwischen diesen beiden Arbeitsschritten verstreichen. Das entalkoholisierte Produkt ist extrem anfällig gegenüber Hefen, Bakterien und Schimmelpilzen. Eine kaltsterile Abfüllung führt nur sehr selten zum Erfolg, die Zugabe von Dicarbonatmethylester (DMDC) über eine passende Injektor-Einheit wird dringend empfohlen (kann nur von speziellen Abfüllbetrieben angeboten werden).

Essenziell für einen guten Sektgrundwein ist die höhere Säure. Für ein harmonisches Ergebnis und die gewünschte Stilistik sorgt die Dosage.
Essenziell für einen guten Sektgrundwein ist die höhere Säure. Für ein harmonisches Ergebnis und die gewünschte Stilistik sorgt die Dosage. © DWI
Sekt – mehr als nur Wein mit Bläschen Die Sektbereitung hat sich in den vergangenen Jahren deutlich gewandelt. Vor rund zehn Jahren erfolgte die Wahl eines Sektgrundweines noch in vielen Betrieben nach der gerade passenden Menge und Tankgröße. Somit durchlief der Wein für den späteren Sekt oftmals das „Standardprogramm“ der Weißweinbereitung. Glücklicherweise setzt sich immer mehr die Erkenntnis durch, dass die Grundlage guter Sekte der richtig erzeugte Sektgrundwein ist. Aktuell verlangen die Weinberganlagen für den zukünftigen Sekt bereits volle Aufmerksamkeit. Je nach Witterung kann es gut sein, dass die Ernte bereits Ende August ansteht. Eine gezielt frühe Lese bei phenolischer und gegebenenfalls aromatischer Reife bringt die passenden niedrigen Alkoholgehalte und die notwendig höhere Säure, um später für den Sekt eine sensorische Harmonie zu haben. Ebenso wichtig sind niedrige pH-Werte, besonders bei einem langen Hefelager nach der zweiten Gärung. Unverletzte Trauben bis zur Kelter, Ganztraubenpressung, schonende Pressvorgänge und das Abtrennen der Pressmostfraktion („nur“ die erste Hälfte gesamten Mostmenge) führen zu stabilen Säurewerten und wenig störender Phenole im Most. Eine genaue Abtrennung der ersten Fraktionen lässt sich mittels pH-Meter erreichen. Der weitere Saft kann für Stillweinproduktion verwendet werden.
Sektgrundwein

100 Prozent gesundes Traubenmaterial Mostgewicht 78 bis 83 Grad Oechsle schonende Traubenbehandlung Ganztraubenpressung wenig Scheitervorgänge Säure ist Trumpf: alle Maßnahmen vermeiden, die zu einer Freisetzung von Kalium führen nur rund die ersten 50 Prozent Mostausbeute sind geeignet besser: pH-Anstieg beim Saft => Fraktionierung keine zu scharfe Vorklärung, zuverlässige Gärhefe ausreichende Nährsalzgabe oberste Prämisse: Gärung auf max. 1,0 g/l RZ

Rotwein von leicht-unkompliziert bis zum Premiumprodukt
Reifezustand, Maischestandzeit, Ausbau im Fass und wenn ja, welches Holz: Die Ausgangsbasis für einen guten Rotwein wird im Rebberg gelegt, die Stilistik entsteht im Keller.
Reifezustand, Maischestandzeit, Ausbau im Fass und wenn ja, welches Holz: Die Ausgangsbasis für einen guten Rotwein wird im Rebberg gelegt, die Stilistik entsteht im Keller. © Copyright by DWI
Der zielgerichtete Ausbau entscheidet mit. Die Zeiten, in denen sich deutscher Rotwein mit „Hauptsache rot“ verkaufen ließ, liegen Jahrzehnte zurück und haben längst dem Qualitätsstreben Platz gemacht. Doch nicht nur im Premiumsegment gilt es, ein klares Ziel zu formulieren und die Vinifikation anzupassen. Je nach Segment, Rebsorte und Jahr sind verschiedenen Parameter anzupassen. Die Basis wird im Weinberg gelegt. Wichtig ist eine gute Phenolreife, ein moderat niedriger Ertrag und der Lesezeitpunkt (keine Rosinenbildung). Je nach angepeilter Qualitätsstufe ist Umsicht bei der Traubenverarbeitung unerlässlich, um harmonische, ausdrucksstarke und zugleich zugängliche Rotweine zu erzeugen. Die nachfolgende Tabelle stellt exemplarisch die Differenzierung zwischen einem fruchtbetonten Rotwein und einem Rotwein mit mehr Struktur dar. Faktoren wie Sorte, Reifezustand, Traubengesundheit oder Lesebedingungen können hier aber nur bedingt berücksichtigt werden, sie müssen jahrgangsspezifisch angepasst werden.

Autor:in
Stefan Kraus
arbeitet als Fachberater für Önologie beim Bezirk Unterfranken in Würzburg.
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