
Weichenstellung für die Weinwirtschaft der Zukunft
Die deutsche genossenschaftliche Weinwirtschaft traf sich am 2. und 3. April zum Winecamp 2025 im GenoHotel Karlsruhe. Über 90 Fachleute aus rund fünfzig Genossenschaften und Verbänden nahmen an der von Deutschem Raiffeisenverband (DRV) und Baden-Württembergischem Genossenschaftsverband (BWGV) gemeinsam organisierten Fachtagung teil. Die Veranstaltung bot praxisnahe Impulse zu aktuellen Herausforderungen und strategischen Zukunftsthemen der Branche.
von Redaktion Quelle Deutscher Raiffeisenverband e. V., Baden-Württembergischer Genossenschaftsverband e. V. erschienen am 17.04.2025Ein zentrales Thema war die nationale Umsetzung der EU-Geoschutzreform. Peter Jung, Leiter Lebensmittelwirtschaft beim DRV, sprach sich in seinem Vortrag klar für eine starke Rolle der bestehenden regionalen Schutzgemeinschaften aus. „Eine konsensuale Entscheidungsfindung in den regionalen Schutzgemeinschaften ist zwingend notwendig“, betonte Jung. Entscheidungen dürften „nicht gegen den Willen bedeutender Unternehmensgruppen getroffen werden“. Daher lehne der DRV das Kopfprinzip bei der Stimmgewichtung ab und fordere stattdessen eine Gewichtung nach Vermarktungsmengen.
Deutliche Kritik äußerte Jung auch am Vorschlag des Verbands Deutscher Prädikatsweingüter (VDP) und des Deutschen Weinbauverbands zur Lagenklassifikation: „Die Zuständigkeit liegt bei den etablierten Schutzgemeinschaften, nicht bei separaten Komitees.“ Sollte externe Unterstützung notwendig sein, solle diese durch die Wissenschaft erfolgen. „Die bestehenden Schutzgemeinschaften dürfen nicht durch parallele Strukturen beschnitten werden. Darüber hinaus bedeuten die Komitees einen branchengetriebenen Aufbau an bürokratischen Strukturen, die dem branchenweiten Wunsch nach einer Entschlackung der Regularien entgegenstehen“, so Jung weiter. Über nationale Leitplanken hinsichtlich der Produktionsbedingungen solle im Rahmen der Verbändebeteiligung diskutiert werden. „Wir sind uns der Verantwortung bewusst, hier eine entsprechende Profilierung vorzunehmen.“

Dr. Michael Koehler vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft präsentierte erste Ideen zur Umsetzung der EU-Mantelverordnung. Seine Vorschläge stießen auf großes Interesse und führten zu intensiven Diskussionen unter den Teilnehmenden.
Viele spannende Vorträge
Neben dem Geoschutz befasste sich das Winecamp mit vielfältigen weiteren Themen: Prof. Dr. Simone Loose von der Hochschule Geisenheim lieferte mit ihrer aktuellen Marktanalyse wertvolle Impulse zur strategischen Ausrichtung. Detlef Frankenberger, Geschäftsführer der Brauerei Ganter, übertrug Transformationserfahrungen aus der Bierbranche auf den Weinsektor. Dr. Daniel Holzinger vom gleichnamigen Institut in Stuttgart betonte die Bedeutung mentaler Erfolgsstrategien in Veränderungsprozessen.
Ein weiteres Highlight war der Verkostungsworkshop unter dem Motto „Neue Horizonte im Weinglas“. Prof. Dr. Ulrich Fischer und Lisa Käppler präsentierten alkoholfreie Weine und diskutierten sensorische Perspektiven. Dr. Steffen Schwarz von Coffee Consulate warf die spannende Frage auf, „Was kann der Wein vom Kaffee lernen?“
Auch technologische Innovationen kamen nicht zu kurz: Christopher Dierig von Sobek Innovations und Prof. Dr. Dominik Durner vom Weincampus Neustadt zeigten praxisnah auf, wie Künstliche Intelligenz den Weinbau effizienter gestalten kann. Ein weiterer Schwerpunkt lag auf dem Thema Nachhaltigkeit. Die Teilnehmenden diskutierten das neue Nachhaltigkeitssiegel „Fair Choice“ sowie rechtliche Entwicklungen rund um die genossenschaftliche Rechtsform.
Das Winecamp bot nicht nur fachliche Tiefe, sondern auch vielfältige Möglichkeiten zum Netzwerken. In zahlreichen Gesprächen entstanden neue Ideen und Impulse für die Zukunft der Branche. Das nächste Winecamp findet am 24. und 25. März 2026 statt. Die Branche darf sich erneut auf spannende Diskussionen und zukunftsweisende Impulse freuen.
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