
Funde von Japankäfer und Amerikanischer Rebzikade in Baden-Württemberg
Im aktuellen Rebschutzhinweis finden Sie Informationen zu den folgenden Themen: allgemeine Situation, Kirschessigfliege (KEF), erste Funde von Japankäfer und Amerikanischer Rebzikade in Baden-Württemberg sowie Umstrukturierung und Umstellung (UuU).
von LRA HN erschienen am 23.08.2024Allgemeine Situation
Am vergangenen Wochenende kam es vielerorts zu geringen Niederschlägen, der angekündigte Dauerregen blieb jedoch aus und es sind nur lokal nennenswerte Niederschläge gefallen. Die anhaltende warme Witterung sorgt in den meisten Rebanlagen für ein zügiges Voranschreiten der Traubenreife. Auch die kommende Woche verspricht bisher eine mäßig warme, sonnige und trockene Witterung. Lediglich für den Sonntag sind aktuell Niederschläge angekündigt. Für die weitere Gesunderhaltung sowie die weitere Entwicklung der Beeren wäre diese Witterung wünschenswert.
Kirschessigfliege (KEF)
Beim Blick in die Wetterprognose liegen die Temperaturen für die kommende Woche meist im Bereich zwischen 20 und 25 °C, was zusammen mit der Luftfeuchte und lokalen Niederschlägen nahezu ideale Bedingungen für die KEF bietet. Zusätzlich ist die Ausgangspopulation in diesem Jahr jedoch vermutlich höher, da aus Obstkulturen seit Wochen von einem hohen Befallsdruck berichtet wird.
Im VitiMonitoring zeigen sich in ganz Baden-Württemberg nur punktuell ansteigende Befallszahlen, insbesondere bei den frühen Rebsorten wie Acolon oder Dornfelder an den bekannt gefährdeten Standorten. Auch im Beratungsgebiet ist ein nennenswerter Befall nur sehr vereinzelt in Weinbergen zu finden. Betrachtet man die befallenen Standorte, so bestätigt sich neben den bekannten Randeffekten (Beratungsgebiet durch Wald, Hecken, etc.) auch wieder einmal der Einfluss der weinbaulichen Kulturführung. Bei mangelnder Entblätterung sowie in übermäßig wüchsigen Weinbergen oder übereinanderliegenden Trauben zeigt sich ein verstärkter Befall.
Informationen zur tagesaktuellen KEF-Situation können Sie über die Plattform Vitimeteo-Monitoring abrufen: https://monitoring.vitimeteo.de/ (bei Klasse „Probe/Bonitur“ die Gruppe „Schädling“ auswählen - Objekt „KEF Eiablage Probe“ auswählen).
Eine Behandlung der Frühsorten, wie zum Beispiel Acolon, Dornfelder oder Regent wird weiterhin nicht empfohlen. Aufgrund der vorangeschrittenen Reife und den einzuhaltenden Wartezeiten. Je nach Vermarktungsbetrieb sind zudem für dringende Bestände bereits erste Lesetage angedacht. Die mittlere Reifegruppe bei den Rotweinsorten (zum Beispiel Spätburgunder, Schwarzriesling) ist in aller Regel kaum befallsgefährdet.
Jedoch ist es sinnvoll, bei allen roten Rebsorten mit vorangeschrittener Verfärbung, insbesondere in Randlagen an bekannt gefährdeten Standorten, in Flächen mit reduziertem Ertrag und auch in Flächen mit Hagelschlag, die Situation genau zu beobachten und bei ersten festgestellten Symptomen (Eiablage, Safttropfen, eingedellte Beeren mit schäumendem Inhalt) eine Behandlung in Erwägung zu ziehen. Für die stark gefährdete Rebsorte Trollinger stehen aufgrund der späteren Reife aktuell noch keinerlei Behandlungen an. Auch für das Repellent Surround ist es beim Trollinger aktuell noch zu früh. Rein vorbeugende Einsätze von Insektiziden sind nicht zielführend!
Bitte beachten Sie auch die nachfolgenden Hinweise:
- Generell sind geplante Behandlungen im Vorfeld mit den Vermarktungsbetrieben abzustimmen! Achten Sie auf die Hinweise und Terminvorgaben Ihres Vermarktungsbetriebes!
- Jeder Bewirtschafter von Rebflächen muss das Befallsrisiko und damit auch die evtl. Durchführung einer Behandlung auf seinen Flächen selbst festlegen. Es sind unbedingt die an dem jeweiligen Standort vorherrschenden Bedingungen, wie beispielsweise Reife- und Gesundheitszustand der Anlage oder angrenzende Saum- bzw. Heckenstrukturen, zu berücksichtigen.
- Mit Surround ist in diesem Jahr wieder ein Präparat mit repellenter (abschreckender) Wirkung zugelassen. Der Wirkstoff Aluminiumsilikat ist auf Kaolinbasis und besteht damit aus fein zermahlenem Gesteinsmehl. Das Mittel ist bienenungefährlich, hat keine Wartezeit und stellt eine ökologisch sinnvolle Alternative in der KEF-Bekämpfung dar. Problematisch und erklärungsbedürftig ist lediglich die weiße Verfärbung der Trauben zu sehen. Daher sollte der geplante Einsatz immer mit dem Vermarktungsbetrieb abgestimmt und evtl. durch Hinweisschilder an der Fläche auf die nicht insektizide und bienenungefährliche Wirkung des Mittels hingewiesen werden.
- Bei geplanten Insektizidbehandlungen (mögliche Produkte siehe Tabelle unten) muss die Wartezeit zwingend eingehalten werden. Insbesondere in frostgeschädigten Flächen mit einem reduzierten Traubenertrag kann die Reife bei der anhaltend warmen Witterung sehr schnell voranschreiten!
Weitere Hinweise zum Einsatz von Surround
Wichtig ist die rechtzeitige Applikation des Mittels in die Traubenzone. Der Einsatz von Surround in den bekannt gefährdeten Flächen ist durchzuführen, sobald der Einflug der KEF in die Anlage festgestellt wird. Dies ist meistens frühestens ab dem deutlichen Farbumschlag beziehungsweise ab einem Mostgewicht von 55 bis 60 °Oechsle der Fall. Die Aufwandmenge liegt bei 24 kg/ha in 400-500 Liter Wasser. Die Applikation erfolgt beidseitig in die abgetrocknete und gut entblätterte Traubenzone, nur so kann die Traube rundum bedeckt werden. Eine schräge Anströmung der Traubenzone mit geringstmöglichem Luftstrom verbessert ebenfalls die Belagsbildung. Bei kleinen Flächen ist eine gezielte Ausbringung mit einem Rückensprühgerät anzuraten.
Zu feine Düsenfilter könnten sich mit der Zeit zusetzen, daher werden größere Düsenkaliber und Filtereinsätze empfohlen. In Versuchen hat sich eine Applikation mit herkömmlichen Hohlkegeldüsen im Vergleich zu Injektordüsen als vorteilhaft erwiesen. Das Produkt ist fertig formuliert, der Zusatz von einem Netzmittel (zum Beispiel Heliosol 0,75 - 1 L/ha, Gondor 0,5 l/ha, Pro Agro 150-200 ml/ha) wird von Firmenseite dennoch empfohlen. Nach entsprechenden Niederschlägen und sichtbarer Abwaschung ist der Belag zu erneuern.
Alle weiteren Informationen zur KEF hinsichtlich vorbeugender Maßnahmen und insbesondere auch zu den zugelassenen Produkten entnehmen Sie bitte den Empfehlungen zur Bekämpfung der Kirschessigfliege 2024.
Hinweise zum Bienenschutz:
Nach der Bienenschutzverordnung dürfen Pflanzenschutzmittel mit der Einstufung B1(bienengefährlich) nicht in von Bienen beflogenen Weinbergen eingesetzt werden (saftende Trauben, Honigtau, blühende Unkräuter). Daher blühende Begrünungen vor einem Insektizideinsatz mulchen und Insektizide erst vor/nach Beendigung des täglichen Bienenflugs (kurz vor Sonnenuntergang /kurz nach Sonnenuntergang) einsetzen. Dies deckt sich auch mit den Hauptaktivitätsphasen der KEF. Beschädigte Beeren in den Weinbergen sind generell als Warnsignal zu werten. Weiter bitten wir zu beachten, dass bienengefährliche Pflanzenschutzmittel (B1) innerhalb eines Umkreises von 60 m um einen Bienenstand entweder während des täglichen Bienenfluges nur mit Zustimmung des Imkers oder außerhalb der täglichen Flugzeit eingesetzt werden dürfen.
ACHTUNG: Erste Funde von Japankäfer und Amerikanischer Rebzikade in Baden-Württemberg
Amerikanische Rebzikade
Die Amerikanische Rebzikade, Scaphoideus titanus, wurde erstmals in einem deutschen Weinbaugebiet nachgewiesen! Im August wurden in Südbaden (auf verschiedenen Gemarkungen im Markgräflerland) an 18 Fallenstandorten über 250 Zikaden mit Gelbtafeln gefangen. Die Amerikanische Rebzikade verursacht zwar keine direkten Schäden an Weinreben, kann jedoch den Erreger der Goldgelben Vergilbung, auch Flavescence dorée (FD) genannt, von einer Rebe auf die nächste epidemieartig übertragen.
Es ist in den kommenden Jahren mit einer Ausbreitung in nördlicher Richtung zu rechnen. Nach Beobachtungen im Markgräflerland halten sich die Tiere vornehmlich in verwilderten Flächen auf. Als vorbeugende Maßnahme zur Verhinderung der Ausbreitung der Amerikanischen Rebzikade ist daher die Entfernung aller Wildreben ein wesentlicher Baustein! Auch die sorgfältige Rodung nicht bewirtschafteter Weinberge kann die Ausbreitung deutlich verlangsamen!
Japankäfer
Der aus Asien stammende Japankäfer (Popillia japonica) kann enorme Schäden an Grünanlagen, Obstplantagen oder Weinbergen verursachen. Daher wird er von der EU als Unionsquarantäneschädling eingestuft und entsprechende Maßnahmen werrden zur Verhinderung der Ansiedlung und Ausbreitung sowie zur Tilgung ergriffen. An zwei Standorten in Basel wurden Ende Juni, Anfang Juli kleine Populationen des Käfers durch die Schweizer Behörden nachgewiesen. Aufgrund der Grenznähe mussten erstmals Befalls- und Pufferzonen in Deutschland errichtet werden. Auch hier gilt, dass in den kommenden Jahren mit einer Ausbreitung in nördlicher Richtung gerechnet werden muss! Bilder zum Japankäfer finden Sie auf der Homepage des WBI Freiburg unter: https://wbi.landwirtschaft-bw.de/,Lde/Startseite/Fachinfo/Japankaefer.
Umstrukturierung und Umstellung (UuU)
Über den nachfolgenden Link gelangen Sie zum Antrag auf Umstrukturierung und Umstellung (UuU) 2025. Neben weiteren Informationen zum Antragsverfahren finden Sie dort auch die einzureichenden Antragsformulare. Bitte die Antragsfrist zum 31. August beachten!
Der nächste Rebschutzhinweis erfolgt bei Bedarf.
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