Witterung ist Wind unter den Flügeln der Kirschessigfliege
In dieser Ausgabe des Rebschutzhinweises lesen Sie über die allgemeine Situation im Weinberg, bekommen Informationen zum Pflanzenschutz und erhalten Tipps für vorbeugende Maßnahmen gegen die Kirschessigfliege und zur Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen.
von Kerstin Riesterer | Landratsamt Heilbronn Quelle Landratsamt Heilbronn erschienen am 31.07.2025Allgemeine Situation
Mit kühlen Temperaturen und ergiebigem Regen verabschiedet sich der Juli ungewöhnlich und wenig sommerlich. Die trübe, kühle Witterung hat die Rebentwicklung etwas verlangsamt, auch wenn an immer mehr Sorten und Standorten bereits färbende und weich werdende Beeren zu beobachten sind. Insgesamt fielen im Beratungsgebiet ergiebige Niederschläge, die jedoch regional und vor allem lokal sehr unterschiedlich verteilt waren. In den meisten Rebanlagen ist der akute Wassermangel inzwischen überwunden. Bis mindestens zum kommenden Wochenende bleibt das Wetter wechselhaft und überwiegend trüb, bei Temperaturen zwischen 20 und 25?Grad Celsius. Erst zur Mitte der nächsten Woche deuten die Prognosen auf einen sommerlicheren Wetterumschwung mit Werten über 30?Grad Celsius hin. Die anhaltende Nässe hinterlässt bereits erste Spuren in den Weinbergen. Besonders in gut wasserversorgten Lagen zeigen kompakte Burgundertrauben erste faulende Beeren. Ursachen sind häufig das Abdrücken einzelner Beeren oder Infektionen über Blütenrückstände. Auch in hagelgeschädigten Anlagen treten erste Symptome von Botrytis oder Sauerfäule an verletzten Beeren auf. Damit zeigen sich bereits Parallelen zu Jahrgängen wie 2014 und 2023, in denen ebenfalls schon Ende Juli erste Fäulnis beobachtet wurde. Hoffen wir also auf eine beständige Witterungsphase in der nun anstehenden Reifezeit der Trauben!
Als allgemeiner Abschlusstermin wird eine Behandlung spätestens am zweiten Augustwochenende empfohlen. Durch die Witterung ist insbesondere in steilen Lagen nur eine beschränkte Befahrbarkeit gegeben. Aufgrund des guten Gesundheitszustandes hinsichtlich der Hauptkrankheiten Peronospora und Oidium kann die Spritzung innerhalb des vorgegebenen Zeitfensters der Vermarktungsorganisationen durchaus um ein paar Tage nach hinten verschoben werden. Die vom WBI Freiburg zusammengestellte, aktuelle Übersicht der Wartezeiten von Pflanzenschutzmitteln kann unter folgendem Link abgerufen werden:
https://heilbronn.landwirtschaft-bw.de/pb/Lde/Startseite/Fachinformationen/Fachinfo_Weinbau
In unkritischen Beständen kann unter dem Aspekt der Pflanzenschutzreduktion, lediglich den Laubwandbereich oberhalb der Traubenzone zu behandeln. Mit dieser Maßnahme kann der Mittelaufwand problemlos um die Hälfte reduziert werden. Neben der Mittel- und Kosteneinsparung verringert diese Maßnahme auch die Rückstände auf den Trauben. Zudem muss nicht zwingend ohne Not der Pflanzenschutz bis zum letztmöglichen Termin durchgeführt werden. In Junganlagen ohne Ertrag sind Pflanzenschutzmaßnahmen noch bis Anfang September anzuraten, um möglichst lange gesundes und aktives Laub für eine gute Holzreife zu erhalten.
Aufgrund der wechselhaften Witterungsbedingungen kann in Stiellähme empfindlichen Sorten und Lagen der vorbeugende Einsatz eines magnesiumhaltigen Blattdüngers wie zum Beispiel Bittersalz (bis 3%ig) oder Präparate auf Basis von Magnesiumoxid (etwa Lebosol Magnesium 400 SC, Folicin Magnesium) sinnvoll sein. Hierbei ist neben den Vorgaben der Vermarktungsorganisation unbedingt auch die Anwendungsempfehlung (Gebrauchsanleitung) in Kombination mit Pflanzenschutzmitteln zu beachten.
Oidium
In bekannten Befallsanlagen sollten resistenzgefährdete Produkte nicht mehr eingesetzt werden. In solchen Fällen werden Bicarbonatprodukte wie Vitisan plus Netzmittel oder Kumar empfohlen. Die Bicarbonatstrategie kann im Sinne der Pflanzenschutzreduktion auch in befallsfreien Beständen zum Einsatz kommen. Bicarbonate nicht auf feuchte Laubwände behandeln! In unkritischen Anlagen kann bei einer noch ausstehenden letzten organischen Behandlung alternativ ein reines Azolpräparat (Wirkstoffgruppe „G“) wie Topas (Wartezeit 35 Tage) oder Sarumo (Wartezeit 28 Tage, nur bis Ende Traubenschluss BBCH 79) eingesetzt werden. Wo von Seiten des Vermarktungsbetriebes erlaubt, kann auch bei der Kupferabschlussbehandlung ein Azolpräparat oder ein Bicarbonat zugesetzt werden, dies bewirkt in erster Linie einen Schutz vor Spätbefall an den Blättern. Wichtig: Beachten Sie bei Ihrer Mittelplanung, dass azolhaltige Produkte (Resistenzbuchstabe „G“) insgesamt maximal viermal pro Saison ausgebracht werden sollen.
Peronospora
Trotz der wechselhaften Witterung in den vergangenen Wochen mit teils ergiebigen Niederschlägen und längeren Blattnässezeiten wurden bislang keine neuen Ölflecken gemeldet. Für die teilweise noch geplante letzte organische Behandlung ist der Einsatz von Protektivpräparaten mit kurzer Wartezeit wie Folpan 80 WDG oder Folpan 500 SC vollkommen ausreichend. Für die Abschlussbehandlung wird dann im Hinblick auf die Rückstandssituation und im Sinne der Pflanzenschutzreduktion bevorzugt ein Kupferpräparat (mit Wartezeit 21 Tage) empfohlen. Durch eine Kupferbehandlung wird als positiver Nebeneffekt eine Wirkung hinsichtlich des Oidium-Blattbefalls erzielt, dies ist durch Versuche der Weinbauanstalten belegt. Zur Reduzierung von Kupfereinträgen in Weinbergsböden kann die Aufwandmenge von Kupferpräparaten dem Befallsdruck/Gesundheitszustand der Anlagen angepasst werden. In weitgehend befallsfreien Anlagen wird eine Reinkupfermenge von 150 bis maximal 200 Gramm je Hektar empfohlen, bei einer ausschließlichen Behandlung der oberen Laubwand können die Mittelmengen noch weiter reduziert werden. Zum Einsatz kommen dann z.B. Airone SC (272 g/l Reinkupfer), Coprantol Duo (280 g/kg Reinkupfer), Cuprozin Progress (250 g/l Reinkupfer) oder Funguran progress (350 g/kg Reinkupfer).
Kirschessigfliege
Die derzeitige Witterung ist als sehr günstig für Entwicklung und Vermehrung der Kirschessigfliege (KEF) einzustufen. Aus Obstkulturen liegen bereits erste Meldungen über Befall vor. Zusätzlich steht durch wilde Früchte wie Brombeeren, Kirschpflaumen und ähnliche Arten ein breites Nahrungsangebot in vielen Lagen zur Verfügung. Sollte sich das wechselhafte Wetter in den kommenden Wochen fortsetzen, ist während der Traubenreife mit einem deutlichen Anstieg des Befallsdrucks zu rechnen. Eine längere Phase mit Hitze und Trockenheit im August könnte den Populationsdruck hingegen deutlich reduzieren. Eine abschließende Risikoeinschätzung für den Weinbau ist aktuell noch nicht möglich. Als vorbeugende Maßnahmen wird in diesem Jahr insbesondere bei anfälligen Sorten (Acolon, Regent, Portugieser, Dornfelder, Trollinger) empfohlen, die Traubenzone gut zu durchlüften und die Begrünung kurz zu halten. Ertragsregulierende Eingriffe sollten, sofern erforderlich, möglichst vor dem Farbumschlag abgeschlossen werden.
Zur Zulassungssituation: Beachten Sie unbedingt, dass das B4-Produkt Mospilan SG ab dem 18. August nicht mehr eingesetzt werden darf. Für eine mögliche Bekämpfung stehen nach aktuellem Stand neben dem kaolinhaltigen Produkt Surround dann nur noch bienengefährliche (B1) Pflanzenschutzmittel zur Verfügung: Behandlungen mit Minecto One, Excirel oder SpinTor wären möglich. Ob und wann eine Bekämpfung in Erwägung zu ziehen ist, wird in einem gesonderten Hinweis mitgeteilt werden.
Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen (UuU)
Ab Donnerstag, dem 31. Juli 2025 können Förderanträge für die Maßnahme Umstrukturierung und Umstellung von Rebflächen (UuU) ausschließlich digital über FIONA gestellt werden. Eine Antragstellung in Papierform ist nicht mehr möglich. In FIONA finden Sie den Antrag im Navigationsbaum unter „Förderanträge“ > „UuU“. Für eine vollständige Antragstellung müssen insbesondere im Bereich „Maßnahme“ sowie im „Flurstücksverzeichnis“ alle erforderlichen Angaben eingetragen werden. Der Antrag ist am Ende über die Funktion „Antrag einreichen“ digital zu übermitteln. Die Antragsfrist bleibt unverändert und endet für das Durchführungsjahr 2026 am 31. August 2025. Es handelt sich hierbei um eine Ausschlussfrist – eine verspätete Antragstellung ist nicht möglich.
Sonstiges
Bei anstehenden Behandlungen ist der vierfache Basisaufwand bei der Ermittlung der Mittelmenge zugrunde zu legen.
- Brennnesseln jetzt stehen lassen. Überträgerzikaden der Schwarzholzkrankheit werden durch die Entfernung ihrer Wirtspflanzen (z.B. Brennnesseln) gezwungen, andere Pflanzen wie die Rebe anzufliegen.
- Erzeuger von Tafeltrauben müssen an die entsprechende Zulassung der Pflanzenschutzmittel denken. Dies gilt auch für Keltertraubenanlagen aus denen später möglicherweise Esstrauben geschnitten und in den Verkehr gebracht werden.
- Anwendungsbestimmungen und Auflagen in den Gebrauchsanleitungen der Pflanzenschutzmittel - insbesondere zu den Themen Anwenderschutz und Bienenschutz - sind zu beachten.
- Der Einsatz von Herbiziden auf Vorgewenden, Wegränder und Böschungen ist nicht zulässig. Achten Sie auf eine gültige Kontrollplakette am Pflanzenschutzgerät.
- Bei der Gerätereinigung dürfen keine Reste der Spritzbrühe in die Kanalisation/Oberflächengewässer gelangen.
- Unvermeidbare Restmengen mit Wasser im Verhältnis 1:10 verdünnen und in einer Rebanlage ausspritzen.
- Dokumentationsverpflichtung des Pflanzenschutzes beachten
Dies ist der letzte regelmäßige Rebschutzhinweis für die Saison 2025. Der nächste Rebschutzhinweis anlassbezogen in Abhängigkeit von der Entwicklung der KEF-Situation
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.